Montag, 9. September 2013

   E N D L I C H !
 

Zusätzlich zu diesem Blog ist ein ausführlicher Bericht über meinen

 

Pädagogischen Aufenthalt

in

Finnland

vom 9. März bis 30. März 2013

 
ONLINE
 

http://www.billroth73.at/neugierig/DohliSuomi/2013-Finnlandbericht.pdf

Donnerstag, 23. Mai 2013






Schlussresümee

 
 

Am 3. März schrieb ich, dass mich eine Reise in die Zukunft der Pädagogik erwarten würde. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass Zukunft nicht die Neuerfindung des Rades zu bedeuten hat. Auch die Besinnung auf Altbewährtes kann zu neuer Stärke wachsen. . Es wäre falsch daraus zu schließen, dass ich jeglicher Neuerung skeptisch begegne. Ich meine aber, dass nicht alles Vergangene aus heutiger Sicht automatisch negativ zu bewerten ist. Ein klassischer Unterrichtsstil mit hohem Frontalunterrichtanteil, wie er von mir in Finnland häufig beobachtet wurde, hat durchaus auch seine positiven Aspekte. Er gibt den SchülerInnen Sicherheit und wirkt auch einer möglichen Verwässerung von Inhalten entgegen. Das Gesagte hat Gewicht und das wird auch von den SchülerInnen so gesehen. Anwendungen, Vertiefung und Kompetenzentwicklung kann und soll auch im Rahmen von alternativen Unterrichtsformen erfolgen. Grundwissen und Kernbereiche gehören sehr knapp gehalten und müssen für alle am Lernprozess Beteiligten klar formuliert und abgegrenzt sein. In Finnland geschieht dies in Form von sehr knapp gehaltenen Lehrbüchern. Vergleicht man sie mit österreichischen, so lässt sich erkennen, dass sie klar strukturiert sind und sich auf das Wesentliche beschränken. Sie werden in Finnland nahezu in allen Fächern stets von vorne bis hinten durchgearbeitet. Nichts wird weggelassen, aber auch nichts oder nur sehr wenig ergänzt. Dies erleichtert später Testungen mit zentral gestellten Aufgaben. In Österreich sind selbst Schulbücher für ein- und dasselbe Fach inhaltlich oft sehr verschieden und es ist beim Vergleich von Parallelbüchern nur schwer zu erkennen, was Basiswissen ist und wo die Grundkompetenzen liegen.

Freitag, 5. April 2013







Bericht vom Mittwoch, den 3. April 2013


Nach fast einem Monat gehe ich wieder in meine angestammte Schule, das GRG XIX in Wien. Ich freue mich nach längerer Zeit wieder die alten KollegInnen zu sehen und zu erfahren, welche Neuigkeiten es gibt. Ich freue mich aber auch wieder sehr meine SchülerInnen zu sehen, auch wenn man mir das vielleicht nicht glaubt. Die drei stundenplanmäßigen Unterrichtsstunden vergehen rasch. Unterricht in Deutsch liegt mir eben mehr als in Englisch.

Anschließend möchte ich noch ein Arbeitsblatt für den morgigen Tag vorbereiten. Schon das Einloggen am Computer ist mehr als mühsam. Zwar weiß ich meinen Loginnamen und das Kennwort zu meiner eigenen Überraschung noch auswendig, aber bis ich in meinem Accout eingeloggt bin und zu arbeiten beginnen kann, vergehen wieder einmal unnötige Minuten. Endlich geschafft! Ein wenig recherchieren im Internet, herumkopieren - und das Arbeitsblatt ist zusammengestellt. Noch schnell ausdrucken und fertig. Ausdrucken und auch noch schnell? Damit ist unser Computersystem offenbar wieder einmal überfordert. Der Drucker ist offline. Ich versuche es mit dem alten Trick: Aussteigen aus dem Account und noch einmal einloggen. Dass dabei wieder sinnlos Minuten verstreichen, versteht sich von selbst! Endlich wieder geschafft! Neuerlicher Druckversuch! Wieder vergeblich! Genervt wiederhole ich den Vorgang. Ergebnislos! Eineinhalb Stunden sind vergangen und ich habe eben kein Arbeitsblatt. Es lebe der alte Frontalunterricht, denn dazu brauche ich keines. Spätestens jetzt weiß ich mit Sicherheit, dass ich wieder in Österreich bin. Willkommen daheim! Nichts funktioniert und die drei Wochen, in denen ein Schulcomputer ohne Probleme verlässlich Aufträge ausführte, gehören der Vergangenheit an. Lange habe ich darüber nachgedacht, welches die wesentlichen Unterschiede zwischen  einer Schule in Österreich und einer in Finnland sind. Die SchülerInnen gleichen einander. Manchmal sind sie mehr motiviert und manchmal weniger. Die LehrerInnen sind einander sehr ähnlich. Hier und dort gibt es überengagierte und minimalistische, berufene und unberufene. Der entscheidende Unterschied liegt im Arbeitsumfeld. Nicht nur, dass man in Finnland ausreichend Platz für seine Unterrichtsmaterialien in eigenen großen Vorbereitungsräumen hat, so kann man dort auch ungestört arbeiten und wird nicht ständig gestört oder abgelenkt. Vor allem aber arbeitet die bereitgestellte Technik im hohen Norden verlässlich und auch die sonstige  Ausstattung der Klassenzimmer ist mehr als unterrichtsfördernd.

Genervt und frustriert verlasse ich die Schule. Daheim erblicke ich durch das Fenster eine traumhaft verschneite Winterlandschaft. Ich nehme meine Langlaufschi und möchte meinenen Ärger und Frust abreagieren. Die Stille des Waldes und der viele Neuschnee regen mich dazu an die tollen Erlebnisse meines Finnlandaufenthaltes wieder in Erinnerung zu rufen. Was waren die beeindruckendsten Erlebnisse? Ich erstelle im Geiste folgende Hitliste.




HIGHLIGHTS MEINES PÄDAGOGISCHEN FINNLANDAUFENTHALTES


1.)   Der Sprung ins eiskalte Wasser
Durch ein aufgehacktes Loch in der Eisdecke springe ich nach einem Saunabesuch ins kalte Wasser.
 Abkühlung im Eisloch

2.) KollegInnen der Pohjois-Hervanta Grundschule und des Tampereen Teknillinen Gymnasiums
Sie haben mich herzlichst ins Lehrerteam aufgenommen und mir von Anfang an das Gefühl gegeben, als gehörte ich schon immer zu ihnen. Ihre überaus große Hilfsabereitschaft, wie zum Beispiel beim Lösen eines Tickets im Bus, als ich meines nicht finden konnte, durch Kollegin Christa Hirvonen beeindruckten mich sehr. Besonderer Dank gilt im Besonderen Kati Luhtajärvi-Nikkanen und Pia Loven, die es mir ermöglichten fast alle Facetten des finnischen Schulalltags kennen zu lernen. Kiitos! Kiitos! Kiitos!

KollegInnen in der Pohjois-Hervanta Grundschule

KollegInnen im Tampereen Teknillinen Gymnasium


3.)   Finnisch als Zweitsprache mit Anne Kilpi
In einer beeindruckenden Einheit werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Finnisch, Englisch und Deutsch herausgearbeitet. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem finnischen und dem österreichischen Schulsystem liegt im Umgang mit SchülerInnen, deren Muttesprache sich von der Landessprache unterscheidet. In Finnland wird zunächst die Muttersprache geschult. Alle SchülerInnen haben verpflichtetenden Unterricht in ihr an der Schule. Zusätzlich dazu  müssen sie Finnisch als Zweitsprache besuchen.
Tafelbild in Deutsch, Englisch und Finnisch


4.)  Das tägliche Mittagessen in den Schulen
Alle SchülerInnen bekommen mittags eine Mahlzeit auf Staatskosten. Diese  enthält einen hohen Gemüseanteil und wird teilweise in den Schulküchen zubereitet.

Fischssuppe mit Lachs, Salat und Brot


5.)  Langlaufen durch die Vororte Tamperes
Die Massen ziehen nach Arbeitsschluss in der klassischen oder in der Skating-Technik ihre Runden durch die nahen Wälder. In einem kleinen Servicecenter werden die Langlaufschi professionell gewachst.
Schiservicestation in Kauppi


6.)  Besuch des Schisprungwettbewerbes im Traditionsort Lahti
Auch wenn die Österreicher abstürzten und letztlich einer unserer deutschen Freunde siegte, war es ein tolles Erlebnis. Dafür sorgte nicht zuletzt auch eine große Fraktion sportbegeisterter polnischer Fans.
Österreichs ehemaliger Nationaltrainer Mika Kojonkoski


7.)  Finnische Zentralmaturaprüfung aus Mathematik
Sämtliche Aufschriften auf Flaschen, T-Shirts etc. sind verboten. Strenge Leibesvisitationen und genaue Kontrollen des mitgebrachten Essens beim Betreten des Prüfungssaales werden durchgeführt. Auch die Formelsammlungen werden genauestens auf unerlaubte Ergänzungen hin überprüft und den nummerierten Plätzen zugeteilt.

Kontrolle der Formelsammlungen

8.)  Die Stadt Tampere
Es handelt sich um eine alte Industriestadt mit langer Tradition in der Baumwollverarbeitung.

Keskustori

Industrieanlagen am Tammerkoski


9.) Besuch des Eishockeymatches Tappara gegen Lahti Pelicans
Grandiose Stimmung, toller Sport und Torjubel werden untermalt mit österreichischer Musik - mit Live is Life von Opus.
Tampreen jähalli


10.) Interview mit Rifaa
Sie ist eine Schülerin mit palästinensisch-marokkanischen Wurzeln,  kann hervorragend Deutsch und spricht offen Probleme der Migranten in Finnland an.
 
Zeitungsausschnitt mit Rifaa (ganz links)


11.) Führung durch die Berufsschule
Der Typ der finnischen Berufsschule entspricht unserer HTL. Ich war vor allem von der Vielfalt des Werkstattangebots beindruckt.

Neues Schulgebäude in der Hepolamminkatu


12.) Der Schulweg
Mit Bobs, in welchen die Schulsachen nachgezogen werden, mit Überhosen und Langlaufausrüstung treten die SchülerInnen täglich den Weg zur Schule an. An Temperaturen bis zu unter minus 20 Grad Celsius sind sie gewöhnt.

SchülerInnen bei der Busstation


13.) Die Stundeneinteilung
Durch flexible Gestaltung der Anfangs- und Endzeitpunkte für Unterrichtseineheiten, es läutet bzw. gongt in der Grundschule um 45 , 00 und 15, sind Einzelstunden und Doppelstunden mit entsprechend längeren und kürzeren Pausen möglich.


14.) Fähre als Eisbrecher
Mit lautem Scharren bahnen sich Schiffe und Fähren den Weg durch gefrorenen Hafenbecken. In den Fahrrinnen befindet sich Packeis, welches in kalten Nächten wieder zu einer geschlossene tragfähige Eisdecke zusammenwächst.

Insel mit Packeis vor Helsinki


15.) Jyväkylä und  Jyväsjärvisee
Besuch des Alvar Aalto Museums mit der weltberühmten Vase in Jyväskylä und anschließendes Eislaufen auf dem Jyväsjärvisees.

Alvar Aaltovase

Sonntag, 31. März 2013






Bericht vom Samstag, den 30. März 2013



Heute geht mein Finnlandaufenthalt zu Ende. Am frühen Morgen der schon fast zur Tradition gewordene Saunabesuch. Danach ein kurzer Spaziergang zum Hafen. Ein letztes Mal bestaune ich die Fahrt einer Fähre durch das von dickem Eis bedeckte Hafenbecken. Dann ein abschließendes Treffen mit Kollegin Pia Loven. Wir lassen die gemeinsamen Schultage in Tampere Revue passieren. Ich stelle noch ein paar sich mir aufdrängende Fragen. So lasse ich mir zum Beispiel die finnische Lehrerausbildung genau erklären. Zunächst belegt man ein Fachstudium. Erst nach einigen Semestern schlägt man den Lehramtsstudienzweig ein. Um zugelassen zu werden, muss man ein Hearing bestehen. So wird sichergestellt, dass nur für diesen Beruf geeignete StudentInnen diesen Weg auch tatsächlich einschlagen. Die Ausbildung dafür ist sehr praxisorientiert. Immer wieder geht man in eine "Normal"schule, so die wörtliche Übersetzung der Bezeichnung einer Übungsschule, hospitiert dort und hält auch immer wieder selbst Unterricht.


Am Abend geht es mit Finnair heim nach Wien. Nach drei Wochen bei durchwegs schönem Wetter, allerdings bei selbst für finnische Verhältnisse unterdurchschnittlich tiefen Temperaturen zwischen maximal 2° und  -23° Grad, verschwindet Helsinki rasch unter einer dichten Wolkendecke. Erst kurz vor der Landung in Wien Schwechat wird der Blick zum Boden wieder frei.

Damit geht meine tägliche Berichterstattung von drei  aufregenden, spannenden, mit vielen Überraschungen gespickten und sehr arbeitsintensiven Wochen aus Finnland zu Ende. In der nächsten Zeit werden an dieser Stelle einige Reflexionen und der eine oder andere Nachtrag über meinen Pädagogischen Aufenthalt in Finnland erscheinen.


Samstag, 30. März 2013






Bericht vom Freitag, den 29. März




Tallinn ist überschaubar und schnell besichtigt. Die Russisch-Orthodoxe Nevsky Kathedrale, Olai Kirche, Heiligengeistkirche, das alte Rathaus und die Ratsapotheke befinden sich in unmittelbarer Nähe zueinander. Dänen, Deutsche, Schweden und Russen drückten der Stadt ihren Stempel auf. Lediglich die manchmal sehr engen und verwinkelten Gassen erfordern bei der Orientierung etwas mehr Konzentration. Auch das unregelmäßige Kopfsteinpflaster erfordert mitunter erhöhte Aufmerksamkeit. Das Preisniveau liegt hier deutlich unter jenem in Finnland und auch der Genuss von Hopfensaft ist erfreulicherweise sehr günstig. Kirchtürme, moderne Hochhäuser und das Glaskreuz des Unabhängigkeitsdenkmals ragen aus der für eine 400 000 Einwohner zählende Stadt sehr niedrige Bauweise aus dem Dächermeer empor. Am Abend geht es mit der Fähre über den Finnischen Golf zurück nach Helsinki.



Johanneskirche, Hochhaus  und gläsernes Unabhängigkeitskreuz


Freitag, 29. März 2013






Bericht vom Donnerstag, den 28. März




Um 7h30 legen wir in Helsinki ab. Es geht nach Estland. Die riesige Fähre muss sich den Weg durch das teilweise gefrorene Hafenbecken bahnen. Ich beobachte das Schauspiel während eines ausgezeichneten Frühstückbuffets. Riesige Schollen werden nach und nach zur Seite gedrängt und in kleinere Stücke gebrochen. Selbst auf dem offenen Meer treiben große Eisschollen. Über den Golf von Finnland steuern wir Tallinn an. Das Hafenbecken ist auch hier von einer geschlossenen Eisdecke bedeckt. Das große Schiff verursacht beim Ansteuern der Mole einen beträchtlichen schürfenden Lärm beim Kontakt mit dem Eis.


  Tallin mit Stahlträger des Estoniadenkmals im Vordergrund
 

Am Rande der Altstadt ragt eine überdimensionaler Stahlträger sichelförmig empor. Er erinnert an den Untergang der Estonia im Jahre 1994, der über 800 Menschenleben forderte. Die Stadt wirkt im Vergleich zu Helsinki fast kleinstädtisch. Immer wieder gibt es große Flächen, die unverbaut sind. Sie sind die Folge eines großen russischen Bombenangriffs aus dem Jahr 1944. Man entschied, diese auch nach der Unabhängigkeit 1991 am Ende der sowjetischen Fremdherrschaft, nicht mehr zu  bebauen. Am Abend besuche ich die estnische Nationaloper. Auf dem Programm steht Faust von Charles Gounod. Ich verspüre einen Hauch von Hollywood. Die Publikumslieblinge des letzten Jahres werden ausgezeichnet. Überall rings um mich herum sitzen Sänger im Parkett. Die Nominierten nehmen Aufstellung und das Kuvert mit den Preisträgern wird auf der Bühne geöffnet. Ich habe Glück. Die beiden Gewinner sind als Faust und Gretchen in der folgenden Aufführung zu sehen. Der Schlussapplaus endet in frenetischem Fußgetrampel. Nach der Vorstellung gönne ich mir ein Bier in einer Bar. Vor dem Eintritt muss ich eine Leibesvisitation über mich ergehen lassen. Sicherheit geht vor. Kein Wunder, denn die Hälfte der Einwohner Helsinkis sind hierher gekommen, um günstig den Alkoholspiegel im Blut zu heben. Ich glaube, dass bei manchen der überwiegend jüngeren Gäste eine Angabe des Alkoholgehaltes im Blut in Prozent duchaus geeigneter wäre als in Promille. Der Zustand mancher erinnert an Wiener Altersgenossen in lauen Sommernächten am Donaukanal oder im Bermudadreieck.

Donnerstag, 28. März 2013






Bericht vom Mittwoch, den 27. März 2013




Ich beginne den Tag wieder mit dem Besuch in einer Finnischen Sauna. Mit der Fähre geht es dann zur Festungsinsel Soumenlinna. Kaum zu glauben, dass das nicht sehr große Schiff den Weg durch das von Eisschollen bedeckte und teilweise gefrorene Wasser ohne Schwierigkeiten meistert. Der bekannteste finnische Süßwarenhersteller, das Unternehmen Carl Fazer, betreibt in Helsinki eine Konditorei. Ein Besuch für mich dort ist Pflicht. Die Preise sind außerordentlich hoch. Eine Torte mit Capuccino kostet 11.- Euro. Aber im Vergleich zu einem Gläschen Sekt um 15.- Euro in der Oper immer noch günstig . Am Nachmittag statte ich der Deutschen Schule in Helsinki einen Besuch ab. Ein Kollege erklärt mir, dass diese Schule als Mischform des finnischen und des deutschen Schulsystems geführt wird. Für Detailinformationen bekomme ich noch ein Exemplar des Jahresberichtes ausgehändigt. Bevor es am Abend in die Finnsche Nationaloper zu Figaros Hochzeit geht, besichtige ich noch das Sibeliusdenkmal. Eine riesige Stahlkonstruktion aus Rohren, die an die Pfeifen einer Orgel erinnern.


 Eteläsatama - Hafenbecken mit Treibeis


Deutsche Schule Helsinki in der Malminkatu 14

Sibeliusdenkmal

Dienstag, 26. März 2013



Bericht vom Dienstag, den 26. März 2013


Der Tag beginnt mit einem Besuch in einer finnischen Sauna. Danach beginnt das Sightseeingprogramm. Die Temperaturen sind heute viel angenehmer als in der letzten Zeit. In der Sonne ist sogar ein Hauch von Frühling spürbar. Dort hat es zarte Plusgrade. Wohlgemerkt nur dort. Die Uspenski-Kathedrale ist die größte Russisch-Orthodoxe Kirche außerhalb Russlands. Ich habe Glück und es ist gerade ein Gottesdienst im Gange und ich erfreue mich an den schönen, teilweise melancholisch anmutenden Gesängen. Weiter geht es zum von Carl Engel entworfenen Dom. Davor steht ein riesiges Mammut. Ein Relikt aus der noch bis gestern herrschenden Eiszeit?


 Senatsplatz mit Kathedrale


Vom Turm neben dem Olympiastadion von 1952 genieße ich einen herrlichen Blick über Helsinki. Von hier oben wirkt die Stadt wesentlich kleiner als zu ebener Erde. Pavoo Nurmi ist hier nach wie vor ein Volksheld. Obwohl seine beste Zeit schon etwa 90 Jahre zurück liegt.
 
Paavo Nurmi Statue mit dem Olympiastadion von 1952

Am Nachmittag treffe ich die Mutter einer ehemaligen Schülerin. Sie versucht mir die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des österreichischen Schulsystems im Vergleich zum finnischen darzulegen. Sie meint, dass Bildung hier einen größeren Stellenwert genieße und das Ansehen der Lehrer hier viel höher sei als in Österreich. Als einen wesentlichen Vorzug sehe sie auch die besseren Schulbücher in Finnland.

Montag, 25. März 2013



Bericht vom Montag, den 25. März

Das heutige Erscheinungbild der Innenstadt verdankt Turku einer großen Brandkatastrophe im 19. Jahrhundert. Die großteils aus Holz bestehenden Häuser wurden ein Raub der Flammen. Der deutsche Baumeister Carl-Ludwig Engel wurde mit dem Wiederaufbau beauftragt. Seine Gebäude prägen das heutige Aussehen der Stadt. So stammt auch das auf einem Hügel gelegene Observatorium von ihm. Ich möchte das Denkmal des bekannten finnischen Läufers Paavo Nurmi besichtigen, aber er ist mir offensichtlich entwischt. Ich kann es nicht finden. Ebenso ergeht es mir später auch mit dem Leuchtturm von Bengtskär. Er ist der höchste Nordeuropas und sollte daher weithin sichtbar sein. Für mich bleibt er aber veborgen. Das Turun Linna, das größte Schloss Finnlands, entgeht meinen Blicken zum Glück nicht. Dann steuere ich die Altstadt von Naantali an. Es gleicht hier alles einem noblen Seebad, nur dass der Bottnische Meerbusen auch hier gefroren ist. Wieder wage ich mich aufs Eis und beobachte im Gegenlicht der tiefstehenden Sonne Eisfischer, die ihr Glück versuchen. Über  das Eisenhüttendorf Fiskars geht es dann nach Helsinki.    

Gymnasium  mit Engelobservatorium im Hintergrund


Turun Linna - die größte Burganlage in Finnland


Eisfischer bei Naantali


Alte Berbauverwaltungsgebäude in Fiskars



Bericht vom Sonntag, den 24. März



 
Der Tag in Rauma beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück. Am Weg zurück zum Zimmer treffe ich am Gang eine Gruppe junger Damen mit großen knüppelähnlichen Schlägern. Sie planen keineswegs einen Überfall, sondern gehören einer Pesäpallo-Mannschaft an. Diese Sportart ist hier weit verbreitet und stellt die finnische Variante des Baseballspieles dar. Beim anschließenden Rundgang durch die Altstadt von Rauma bietet sich ein farbenfrohes Bild. Die durchwegs ebenerdigen Holzhäuser sind rot, blau, gelb und grün angestrichen. Erster Höhepunkt des Tages ist die Besichtigung des Marela-Hauses. Es gehörte einst einem reichen Reeder und ist mit imperialistischem Origianalinterieur ausgestattet.
Rauma
 
 
Rauma

 
Anschließend folgt ein kleiner Spaziergang auf dem zugefrorenen Bottnischen Meerbusen. Immer wieder kracht das unter Spannung stehende Eis. Es muss nicht nur mich tragen, sondern auch zahlreiche Skidoos und Motocrossfahrer. Dazu gesellen sich die mir schon von den diversen Seen bekannten Spaziergänger und Langläufer. Nach Besichtigung des Leuchtturmes geht es weiter ins Etappenziel Turku. Bis 1812 war sie finnische Hauptstadt, ehe der russische Zar diese nach Helsinki verlegte.
Motocross auf dem gefrorenen Bottnischen Meerbusen bei Rauma

  Windmühle auf dem Weg nach Turku


Auf der Fahrt Richtung Turku geht es an zahlreichen überdimensionalen Glashäusern vorbei. Trotz der schlechten klimatischen Voraussetztungen sind die Finnen bestrebt einen Teil ihres Gemüses selbst zu produzieren. Dann passiere ich immer wieder alte Windmühlen. In Turku angelangt geht es zur Tuomiokirkko, dem Dom. Wie in allen protestantischen Ländern, so auch hier, wird die Osterzeit sehr feierlich begangen. Es wird die Johannespassion von Johann Sebastian Bach aufgeführt. Die deutschen Texte sind trotz größter Bemühungen meinerseits kaum zu verstehen.
Toumokirkko in Turku
 

Sonntag, 24. März 2013






Bericht vom Freitag, den 22. März 2013




Die finnische Presse

Natürlich verstehe ich die meisten Schlagzeilen der finnischen Presse nicht. Ich habe mir aber in den letzten beiden Wochen regelmäßig die Schlagzeilen angesehen. Manche Namen tauchen immer wieder auf. So hat die Öffentlichkeit hier großes Interesse an den britischen Royals Kate und William. Auch die schwedische Königsfamilie findet immer wieder ihren Weg auf die Titelseiten der Boulevardzeitungen. Über einen wird fast täglich eine neue Story geschrieben. Es ist der ehemals weltbeste Skispringer Matti Nykänen. Kaum ein Tag vergeht an dem er mir nicht von einer Titelseite entgegenblickt. Erst heuer wurde Matti Nykänen von Gregor S-14, so wird Schlierenzauer wegen der Überlänge und Unaussprechlichkeit seines Namens oft genannt, an Weltcupsiegen eingeholt. Letzte Woche kam es übrigens zu einer Begegnung des Exstars mit dem aktuellen Star. Beim Schisprungweltcup in Kuopio wurde im Qualifikationsspringen Gregor Schlierenzauer von Matti Nykänen am Trainerturm abgewunken. Die Schlagzeilen über Matti Nykänen sind meist negativen Charakters. Er ist durch seinen Lebenswandel zu einer tragischen Figur verkommen und ein Fressen für die Presse.

Letzte Woche: „Hier ist mein neuer Schatz!"


Diese Woche: „Matti hat mich betrogen und ausgenutzt!"



„Wo bist Du verschwunden Matti?"


„Matti Nykänen hat sich rückwirkend krank schreiben lassen?"

Auch im protestantischen Finnland nicht unbemerkt geblieben ist der Führungswechsel in der Katholischen Kirche. 76% der Bevölkerung bekennen sich zur Finnisch-Lutherischen Kirche. Die zweitgrößte Kirche des Landes ist die finnische Russisch-Orthodoxe Kirche. Hier erkennt man den Einfluss des nahen Russlands. Ab 1809 stand Finnland unter russischer Herrschaft. Die Gunst der Stunde nutzend löste sich Finnland 1917 während der Wirren der Russischen Revolution von der Fremdherrschaft los und wurde selbstständig. Die Katholische Kirche zählt hier weniger als 10 000 Mitglieder. Der neue Papst daher nicht in der Hauptschlagzeile erwähnt, aber immerhin auf der Titelseite.

„Das ist der Überraschungspapst"

 





Bericht vom Samstag den 23. März 2013





Meine offizielle Mission in Tampere habe ich mit gestrigem Tag beendet. Zum Abschluss durfte ich am Gymnasium die tägliche Tagesansprache über Lautsprecher halten. Diese Gelegenheit habe ich dazu genutzt, um mich auch mit zwei österreichichen Liedern zu verabschieden: "Heast as nit, wia die Zeit vergeht" und "I am from Austria".

 
Es waren beeindruckende Tage mit vielen intessanten Gesprächen und Begegnungen. Es war aber auch eine sehr intensive Zeit. Gestern Abend gab es noch ein gemeinsames Abendessen in einem Wikingerlokal im Zentrum von Tampere. Helena Tuusa, die Schulleiterin des Gymnasiums, lud mich zu einem klassischen finnischen Essen ein. Zum erstenmal in meinem Leben aß ich ein Rentiersteak. Es schmeckte vorzüglich.  Der Abschied von den finnischen KollegInnen ist mir nicht sehr leicht gefallen. Ich habe sie doch schon nach kurzer Zeit sehr ins Herz geschlossen. Sie haben sich bemüht mir den finnischen Schulalltag in allen Facetten zu zeigen. Ob Konfernzen, schriftliche Maturaprüfung oder einfach nur Unterricht in den Klassen. Alles war perfekt für mich organisiert. Dafür möchte ich mich bei Kati Luhtajärvi-Nikkanen und Pia Loven herzlichst bedanken. Aber auch den anderen KollegInnen, die mir das Hospitieren ermöglichten, sei gedankt. Und selbstverständlich auch allen SchülerInnen, die sich von mir die eine oder andere Unterrichtseinheit auf Englisch gefallen lassen mussten. Sie werden mir als interessierte Zuhörer in Erinnerung bleiben.




Rentiersteak

Heute nutze ich den Tag, um mir noch einige Sehenswürdigkeiten in Tampere anzusehen. Ich besichtige den Dom und besuche auch das Finlaysoncenter. Diese ehemalige Baumwollfabrik war einst für den Aufstieg Tamperes als finnisches Industriezentrum verantwortlich. Im ehemaligen Fabriksgebäude ist heute ein Museum, welches die Arbeitswelt einst und heute dokumentiert, untergebracht. Im Keller befindet sich ein Spionagemuseum, welches spektakuläre Fälle von den alten Hochkulturen bis hin zum Kalten Krieg zeigt. Unweit des Stadtzentrums ist ein weiteres Museum, das Leninmuseum, sehr bemerkenswert. Es ist in jenen Räumlichkeiten untergebracht, wo einst Lenin und Stalin zu Beratungen zusammentrafen.  Am späten Nachmittag fahre ich weiter in die ostfinnische Stadt Rauma. Sie ist UNESCO-Weltkulturerbe und wegen ihrer überwiegend aus roten Holzhäusern bestehenden Altstadt bemerkenswert.


Die Tuomiokirkko von Tampere - der Mariendom


Die ehemalige Baumwollfabrik Finlayson
 
Morgen geht es weiter in die frühere finnische Hauptstadt Turku, ehe ich meine Reise Richtung Helsinki fortsetzen werde. Auch in den nächsten Tagen werde ich mich bemühen weiter kurz zu berichten.




Freitag, 22. März 2013





Bericht vom Donnerstag, den 21. März 2013




Konferenztag


Heute ist Konferenz in der Grundschule. Ohne Vorwarnung werde ich am Beginn nach vor gebeten. Damit ich in Österreich  als Finnlandfan auftreten kann, werde ich mit Haube und Schal, ganz in weiß gehalten mit blauem Kreuz,  ausgestattet. Ich muss versprechen, dass ich bei der kommenden Weltmeisterschaft im Eishockey Finnland die Daumen drücken werde. Solange es kein direktes Duell mit Tschechien gibt, sollte das kein Problem sein. Danach wird die Terminplanung der nächsten Zeit besprochen und eine Notenkonferenz für die zu Ende gehende Periode abgehalten. In Finnland gibt es keine Semestergliederung. Jede Schule entscheidet, in wie viele Perioden das Schuljahr unterteilt wird. An dieser Schule sind es vier Perioden und die dritte geht soeben zu Ende. Alle erhalten Computerausdrucke der Klassenübersichten und müssen die Noten mit ihren Aufzeichnungen vergleichen. Die Notenskala reicht in Finnland von 4 bis 10. Die schlechteste Note ist 4. Für alle SchülerInnen, die diese Benotung in einem Fach erhalten haben, wird ein Förderplan festgelegt. Diese SchülerInnen können dann Unterricht in Kleingruppen bei StützlehrerInnen erhalten, oder auch Einzelstunden mit den eigenen LehrerÍnnen. Diese Maßnahmen sollen helfen, dass am Jahresende zumindest eine 5 erreicht wird. Zwei 4er darf man sich, ähnlich wie in Österreich, auch hier am Beginn des neuen Schuljahres ausbessern. Schafft man das nicht, so muss man alle Fächer, also auch die bestandenen, wiederholen. Bleibt ein 4er übrig, so gibt es ein beratendes Gespräch mit den Eltern. Dabei soll geklärt werden, ob ein Aufsteigen oder ein Wiederholen sinnvoller ist.


Stützunterricht


Stützunterricht zu halten ist nicht immer leicht. Wegen ausbleibender Erfolge sind die LehrerInnen oft frustriert. Soeben hat gerade wieder eine Stützlehrerin das Handtuch geworfen. Es ist schwer diese Aufgabe neu zu vergeben. In einer Pause berichten mir zwei Deutschlehrerinnen über die zunehmenden Probleme des Schulalltages. Die Motivation von Immigranten sei nicht immer leicht  und die Unterschiede je nach Herkunftsland sehr verschieden. SchülerInnen aus Russland zeigen stets großen Ehrgeiz und Sprachschwierigkeiten wirken sich bei ihnen auf die sonstigen Leistungen kaum negativ aus. SchülerInnen aus anderen Herkunftsländern können hier meist nicht mithalten. Vielleicht auch Mentalitätssache? Ein großer Vorteil sind jedenfalls die an dieser Schule in sehr vielen Sprachen vorhandenen LehrerInnen für die diversen Muttersprachen. Ist eine Elternvorsprache nötig, so stehen sie auch als DolmetscherInnen zur Verfügung.
Stadtrundfahrt


Nach der Schule setze ich mich einfach in einen Linienbus und fahre bis zur Endstation ans andere Ende der Stadt. Hier sieht es ganz anders aus als im Viertel der Schulen. Ein schönes Einfamilienhaus, umgeben von schönen Gärten, reiht sich an das andere. Ich lerne ein mir bisher unbekanntes Finnland kennen. Ich bin im Nobelviertel der Stadt gelandet. 

Donnerstag, 21. März 2013





Bericht vom Mittwoch, den  20. März 2013




Abschlussprüfung


Heute ist ein großer Tag für 61 SchülerInnen des Gymnasiums. Der Tag der Mathematikmatura. In einer benachbarten riesigen Sporthalle herrscht schon lange vor dem Beginn um Punkt 9:00 Uhr große Hektik. Die Sicherheitskontrollen erinnern an ein Hochrisikospiel beim Fußball. Handies und Brieftaschen, mit Namensetikett versehen und Klebeband versiegelt, müssen beim Eingang abgegeben werden. Die SchülerInnen müssen sich einer strengen Leibesvisitation unterziehen. Die mitgebrachte Jause muss ausgepackt sein und auf den Getränkeflaschen sind sämtliche Schriftzüge blickdicht abzukleben. Die Aufgabenstellung erfolgt in Finnland seit Jahren zentral. Niemand kann sich mehr genau erinnern, wann das eingeführt wurde. Bevor die Direktorin zwei versiegelte Kuverts mit den Fragen öffnet, kontrollieren zwei LehrerInnen und zwei SchülerInnen deren Unversehrtheit. Es gibt zwei verschiedene Gruppen. Eine für vertiefende Mathematik und die andere für normale Mathematik. An allen vier Seiten von LehrerInnen flankiert beginnen die SchülerInnen zu arbeiten. Muss jemand auf die Toilette, dann nur in Begleitung einer LehrerIn. Die Arbeitszeit beträgt sechs Stunden. Erst nach frühestens der Hälfte der Zeit ist es erlaubt den Raum zu verlassen.

Am Nachmittag steht wieder Assistenz im Deutschunterricht im Gymnasium auf dem Programm. Anhand von typisch österreichischen Rezepten werden die Vokabel der Grundnahrungsmittel wiederholt. Auch das Bestellen in einem Wiener Kaffeehaus spielen wir nach. Die Anzahl der zahlreichen verschiedenen Arten von Kaffee überrascht.

 
Abendprogramm ist heute ein Kinobesuch. In einem Kinocenter schaue ich mir Les Miserables an. Filme werden hier nicht synchronisiert, sondern in der Originalsprache mit finnischen Untertiteln gezeigt. Das fördert sowohl die Lesefähigkeit in der Muttersprache, als auch das Hörverständnis in der Fremdsprache.



 
Nachtrag zum 19. März 2013


Zum Abschluss ein kleiner Nachtrag zu gestern. Den Vormittag brachte ich wieder mit Hospitationen zu. Dabei hatte ich die Gelegenheit Unterricht von Mathematik A (vertiefend) und Mathematik B (normal) zu beobachten. Neben dem unterschiedlichen fachlichen Niveau war auch ein deutlicher Motivationsunterschied zu erkennen. Arbeitshaltung und auch die Pünktlichkeit der SchülerInnen bei Mathematik B waren niedriger.


Vortrag zur österreichischen Kultur- und Landeskunde
 
Am Nachmittag hielt ich zwei Vorträge über Geograhie, Geschichte, Kultur und Bildungssystem Österreichs vor jeweils rund 50 SchülerInnen. Als Belohnung fürs Zuhören gab es Mozartkugeln, Mannerschnitten und Centmünzen. Diese sind in Finnland nicht in Umlauf und erregten deshalb Aufmerksamkeit. Überrascht waren die SchülerInnen, als ich ihnen Live is Life von Opus vorspielte und anmerkte, dass es sich dabei um eine österreichische Band handle. Der Song ist allseits bekannt. Er wird beim örtlichen Eishockeyverein bei jedem Torerfolg angespielt.

Danach gings auf einen der wenigen Granithügel in Tampere zum Schifahren. Die Ausmaße erinnern zwar eher an Modellbahndimensionen, aber ich genoss es mich bei strahlendem Sonnenschein und eisigen Temperaturen sportlich zu betätigen.

Laskettelurinne - Minischigebiet im Stadtteil Hervanta

Die tiefstehende Sonne blendet sehr

Dienstag, 19. März 2013

 
 
 
 
Bericht vom Dienstag, den 19. März 2013


 
 
Polizeivirus legt meinen Computer lahm! Melde mich daher nur per Smartphone! Hier ist das Schreiben sehr mühsam. Hoffe, ich krieg das Virus mit meinem Antivirusprogramm weg. Es arbeitet jedenfalls schon daran.

Montag, 18. März 2013

 
 
 
 
Bericht vom Montag, den 18. März 2013




Dies und das
 

 
Heute steht wieder ein Besuch der Grundschule auf dem Programm. In der Deutschstunde lasse ich mich zum Gaudium von Zwölfjährigen mit verbundenen Augen durch die Bankreihen dirigieren. Geradeaus, nach links, nach rechts und Peng! Die letzte Anweisung habe ich nicht verstanden und ich krache gegen einen Tisch.


Die zweite Stunde wird zu meinem persönlichen Highlight des Tages. Haushaltskundeunterricht steht auf dem Programm. Ich darf ein wenig von Österreichs Küche erzählen und zeige Fotos von typischen österreichischen Speisen. Die Schülerinnen sollen die entsprechenden Namen nennen. Beim Wiener Schnitzel und bei der Sachertorte mit Schlag kommen die Antworten prompt. Die anderen Speisen sind hier nicht so bekannt. Besonders das Wort Gugelhupf ist sehr schwierig nachzusprechen und trägt sehr zur Erheiterung bei. Zur Abrundung erkläre ich noch weitere typische Mehlspeisen vom Kaiserschmarren über Palatschinken bis hin zu Buchteln. Die Schülerinnen interessieren sich auch für die vielen verschiedenen Sorten Kaffee, welche man in einem Wiener Kaffeehaus genießen kann. Ich erkläre sie anhand der von den Kaffeehäusern Landtmann, Demel und Drechsler zur Verfügung gestellten Originalspeisekarten.


Anschließend bekomme ich auch Einblicke in den islamischen Religionsunterricht. 18 SchülerInnen, die Mädchen mit, aber auch ohne Kopftuch, folgen aufmerksam und ruhig dem Lehrer. Das soll nicht immer so gewesen sein. Mitunter kam es schon zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den unterschiedlichen islamischen Richtungen.


Darauf folgt Geographie in einer 9.Schulstufe. Thema ist der glaziale Formenschatz, welcher ausführlichst und anschaulich behandelt wird, nicht zuletzt deswegen, weil Gletscher gerade hier die Landschaftsformen maßgeblich mitgestaltet haben.


Technikeinsatz
Das Sieb des Erathostenes ist Thema in der anschließenden Mathematikstunde. Es ist nur die leistungsstärkere Hälfte einer 7.Schulstufe anwesend. Der Lehrer scheint sehr locker zu sein und erstmals entdecke ich in einem Klassenraum beschmierte Tische. Der Unterricht erfolgt mit Einsatz neuester Technik. Auf einer Art Touchpad, dem Interwritemob, kann an jeder beliebigen Stelle im Raum ohne Verkabelung auf das Smartbaord geschrieben werden. Der große Vorteil dieses Gerätes liegt darin, dass der Lehrer mobil ist und sich frei zwischen seinen SchülerInnen bewegen kann. Ob der Einsatz im Unterricht diesen auch verbessert, bleibt dahingestellt. Die meisten Räume der Schule sind technisch sehr gut ausgestattet. Die Handhabung der Technik ist aber von LehrerIn zu LehrerIn unterschiedlich. Ausschließlich kommt sie fast nirgends zum Einsatz. Neben dem Smartboard wird fast immer auch noch etwas an die Tafel geschrieben. Auch wenn Smartboardaufzeichnungen den SchülerInnen zur Verfügung gestellt werden können, so verlangen die LehrerInnen immer noch eine händische Mitschrift. Das genialste Gerät ist der Digitalpresenter, welcher Buchseiten, Bilder oder auch händische Aufzeichnungen an einen Beamer übertragen kann. Er ersetzt einen Overhaedprojektor und geht in seinem Einsatzbereich weit darüber hinaus.

Interwritermob - es erfordert viel Geschick damit zu schreiben

Technisches Standardequipment in fast allen Klassenzimmern


Mathematikheft einer Schülerin
 

Kaum zu glauben
Die nächste Unterrichtseinheit ist eine Mathematikstunde zum Thema Bruchrechnen in einer 5.Schulstufe. Diese ist die letzte Stufe, welche von einem eigenen Klassenlehrer unterrichtet wird. Ich staune nicht schlecht, als mir nach der Begrüßung alle ihre Muttersprache nennen. Arabisch, Russisch, Albanisch, Persisch, Vietnamesisch, Chinesisch und zwei weitere. Ich komme gar nicht nach sie alle zu notieren. Nur fünf von 19 SchülerInnen haben Finnisch als Muttersprache. Die Kollegin berichtet über eklatante Leistungsschwächen in dieser Klasse. Sie meint, es sei auch nicht immer einfach alle gemeinsam zu unterreichten. Ich beobachte, wie eine Stunde später in einer anderen Klasse eine Schülerin einem entsprechenden Bild das deutsche Wort Bahnhof zuordnen kann. Es jedoch ins Finnische zu übersetzen daran scheitert sie. Derartige Probleme soll es öfter geben. In Finnland gibt es übrigens eine Notenskala von 4 bis 10. Mit einer 4 hat man nicht bestanden. Schwache SchülerInnen bekommen Stützunterricht von eigens dazu bereitgestellten LehrerInnen oder aber auch Einzelstunden von den eigenen LehrerInnen. Schaffen sie es dennoch nicht positiv zu werden, so müssen sie das Jahr wiederholen. Die LehrerInnen sind aber meist so wohlwollend wie nur möglich, damit das nicht passiert.


Sightseeing
Nach der Schule erhalte ich noch eine kleine Stadtrundfahrt mit dem Auto. Auch die Schwedische Schule wird mir gezeigt. In Finnland gibt es eine schwedische Minderheit von etwa 5%. Dann geht es hinauf zum Aussichtsturm auf dem Pyynikkihügel. Dieser entstand auf einer Moräne, welche von zwei Gletschern beidseitig empor gedrückt wurde. Zu beiden Seiten des Hügels erstreckt sich ein See. Im Turmcafe schnappe ich hinter ein paar deutsche Worte auf. Ich drehe mich um und frage drei junge Damen, ob sie aus Bayern kämen. Sie blicken mich finster an und meinen, es sei Tirolerisch. Volltreffer ins Fettnäpfchen. Vielleicht hätte ich mir vor meinem Urteil doch einen ganzen Satz anhören sollen. Als sie meine Sprache dann Salzburg zuordnen, ist das eine gewisse Genugtuung für mich.
 Blick vom Pyynikkihügel Richtung Süden

Aussichtsturm auf dem Pyynikkihügel
 



Bericht vom Samstag, den 16. März 2013

 

 
Böse Überraschung
 
 
Der Tag soll heute ruhig verlaufen und mich aufs Land hinaus führen. Ich stehe etwas später auf als üblich und checke meine Emails. Was ich schon seit einiger Zeit befürchtet habe, wird Gewissheit. Ich erhalte Nachrichten vom Hermes Paketdienst. Ein abermaliges Urgenzschreiben hat die Suche beschleunigt. Das Ergebnis ist jedoch ernüchternd. Mein Paket ist unauffindbar. Keine Aussicht mehr die mühsam mit großem Zeitaufwand zusammengetragenen Unterrichtsmaterialen in der zweiten Woche meines Aufenthaltes doch noch einsetzen zu können. Auch diverse Gastgeschenke wie Mozartkugeln und Mannerschnitten, geplant zur Verteilung nach meinen Vorträgen über Österreich, kann ich abschreiben. Ich möchte an dieser Stelle eindringlich davor warnen die Dienste von Hermes in Anspruch zu nehmen. Zwei Pakete habe ich nach Finnland geschickt. Eines kam mit zweiwöchiger Verspätung schwer beschädigt an und das zweite gar nicht!



Unerwarteter Besuch


Verärgert möchte ich zum Busbahnhof aufbrechen. Ich bin etwas außerhalb der Stadt zum Essen eingeladen und soll anschließend auch eine finnische Sauna näher kennen lernen. Plötzlich klopft es an der Tür und ich öffne etwas überrascht. Zwei junge Damen lächeln mir mit Kübel, Putzfetzen und Handtüchern entgegen. „Everything ok“ meine ich kurz und will die Tür wieder schließen. Doch da sprechen sie mich in perfektem Deutsch an. Sie wollen unbedingt mit mir kurz reden, da sie sehr selten die Gelegenheit dazu haben mit jemandem aus ihrer Heimat zu sprechen. Sie kommen aus Tirol. Bislang habe ich immer gedacht nur Deutsche trifft man an jedem noch so entlegenen Ort der Welt. Ich habe mich wohl geirrt. Nach einer kurzen Plauderei fahre ich zunächst noch zur Markthalle. Dort gibt es eine Käseverkostung. Ich freue mich auf ein paar Kostproben von finnischem Käse und lange kräftig zu. Geschmacksunterschiede zu österreichischen Käsesorten kann ich keine feststellen. Dann entdecke ich die Herkunftsbezeichnung. Die verschiedenen angebotenen Sorten stammen doch tatsächlich aus Österreich.
 
 Exportkäse aus Österreich aus dem Hause Schärdinger

 
Finnische Verkäuferin in österreichischem Lodenoutfit
 
Eistaufe
 
Mit dem Bus fahre etwa 30 Minuten Richtung Kangasala aufs Land hinaus. Entlang der Straße ist es noch lange sehr städtisch, aber nur ein wenig abseits davon erstrecken sich ausgedehnte Wälder. Dazwischen zugefrorene Seen. Auf diesen tummeln sich massenhaft Langläufer. Hin und wieder sitzen einzeln oder in kleinen Gruppen Leute um ins Eis geschlagene Löcher. Es sind Eisfischer, die ihr Glück versuchen und auf hungrige Beute warten. Das Mittagessen ist reichlich und schmeckt vorzüglich. Als Nachtisch gibt es eine mit Stärkemehl eingedickte Beerensauce. Dabei handelt es sich um ein klassisches finnisches Dessert. Danach geht es zum nahegelegenen See. Neben einem Sommerhaus steht eine der angeblich über drei Millionen finnischen Saunas. Ich ziehe mich ob der Kälte rasch aus um dann schnell in das mit einem Holzofen beheizte Innere weiterzugehen. Es dauert nicht lange und mir wird wieder warm. Der Ablauf eines finnischen Saunaganges wird mir genau erklärt. Regelmäßig wird mit reinem Seewasser aufgegossen, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Zum Abschluss der große Schock. Nach jedem Saunagang sucht man Abkühlung im See. Dieser trägt eine mindestens 40cm dicke Eisschicht. Mit einer Hacke wurde eigens ein knapp zwei mal zwei Meter großes Loch ins Eis gehackt. Letzte Nacht hatte es hier minus 23 Grad. Zwischen den Saunagängen friert das Wasser oberflächlich immer wieder zu. Mit einem Besen wird die dünne Eisschicht zerstört, um sich beim Eintauchen keine Schnittwunden zuzufügen. Soll ich oder soll ich nicht, denke ich mir, während ich den verschneiten Weg zum See hinunter gehe. Ich tue es und springe ins eiskalte Wasser. Das Gefühl danach ist unbeschreiblich wohltuend!
 
Härtetest nach der Sauna - Abkühlung im Eisloch
 

Winterliche finnische Seeidylle

Saunahütte unweit des Seeufers




Bericht vom Sonntag, den 17. März 2013




Heute
geht es mit der Bahn ins 150km von Tampere entfernte Jyväskylä, dem Hauptort Mittelfinnlands. Die Landschaft ist dort etwas hügeliger und der Zug fährt durch mehrere Tunnels. Ich fahre an mehreren Schisprunganlagen und sogar an einem kleinen Alpinschigebiet vorbei. Der bekannte Schispringer Nykänen stammt aus dieser Gegend. In Jyväskylä gibt es zahlreiche Gebäude von Alvar Aalto zu bewundern. Er war der bedeutendste finnische Designer des letzten Jahrhunderts. Mein erster Weg führt ins Alvar Aalto Museum. Hier sind neben seinem wahrscheinlich bekanntesten Werk, der berühmten Vase, auch mehrere der von ihm designten Sitzgelegenheiten zu sehen. Der Museumsbau entstand ebenso nach seinen Plänen wie das benachbarte Museum für Mittelfinnland. Auch diesem statte ich einen Besuch ab. Dann geht es am Stadttheater, seinem angeblich gelungensten Bau, vorbei und weiter hinunter zum Jyväsjärvisee.

 
Alvar Aalto Vase



Designersessel von Alvar Aalto
 

Alvar Aaltos Stadttheater in Jyväskylä

 
Im strahlenden Sonnenschein mache ich einen Spaziergang entlang der Uferpromenade. Früher diente der See im Winter als beliebter Transportweg. Die Eisdicke erreicht hier von Dezember bis März eine tragfähige Stärke. Da die Schneedecke üblicherweise eher dünn ist, eignete sich die gefrorene Oberfläche früher hervorragend zum Holztransport mit Pferdeschlitten. Heute ist sie mehr Freizeitfläche für bewegungshungrige Finnen. Die Sonne ist zwar nicht stark, aber das hindert die zahlreichen Leute nicht, dennoch auf einer Bank am Ufer oder auf der Terrasse des Strandcafes im Freien zu sitzen. Viele lockt es auch aufs Eis hinaus. Dort ziehen sie mit Langlaufschiern oder Schlittschuhen ihre Runden. Manche verwenden eine in Österreich völlig unbekannte Art der Kufen. Diese sind viel länger als üblich und erleichtern ein rascheres, aber auch sichereres fahren am nicht immer ebenen Eis. Sie werden wie ein Langlaufschi am Schuh fixiert. Ich entdecke einen Verleih und zögere nicht lange mir welche auszuborgen. Die fehlende Verbindung des Kufenendes mit dem Fersenteil des Schuhs bewirkt, dass ich einmal Bekanntschaft mit dem Eis mache. Zwei Seerunden mit den geliehenen Schlittschuhen, dann hinauf zum Aussichtsturm und es geht per Bahn wieder zurück nach Tampere. Der Weg ins Hotel führt mich an in Schlange stehenden Menschenmassen vorbei.  Heute ist St.Patrick´s Day und alle wollen ins Irish Pub. Ich fühle mich als wäre ich in Dublin. Aber die Temperatur sagt mir, dass dem nicht so sein kann. Es hat schon wieder gegen minus 10 Grad.
 

 Uferpromenade mit Terrassencafe am Jyväsjärvisee
 
 Reges Treiben auf dem zugefrorenen See
 
 
 Unsicherer Stand mit ungewohnten Kufen 
 
 
Kufen mit Langlaufschibindung