Bericht vom Montag, den 18. März 2013
Dies und das
Heute steht wieder ein Besuch der Grundschule auf dem
Programm. In der Deutschstunde lasse ich mich zum Gaudium von Zwölfjährigen mit
verbundenen Augen durch die Bankreihen dirigieren. Geradeaus, nach links, nach
rechts und Peng! Die letzte Anweisung habe ich nicht verstanden und ich krache
gegen einen Tisch.
Die zweite Stunde wird zu meinem persönlichen Highlight des
Tages. Haushaltskundeunterricht steht auf dem Programm. Ich darf ein wenig von
Österreichs Küche erzählen und zeige Fotos von typischen österreichischen
Speisen. Die Schülerinnen sollen die entsprechenden Namen nennen. Beim Wiener
Schnitzel und bei der Sachertorte mit Schlag kommen die Antworten prompt. Die
anderen Speisen sind hier nicht so bekannt. Besonders das Wort Gugelhupf ist
sehr schwierig nachzusprechen und trägt sehr zur Erheiterung bei. Zur Abrundung
erkläre ich noch weitere typische Mehlspeisen vom Kaiserschmarren über
Palatschinken bis hin zu Buchteln. Die Schülerinnen interessieren sich auch für
die vielen verschiedenen Sorten Kaffee, welche man in einem Wiener Kaffeehaus
genießen kann. Ich erkläre sie anhand der von den Kaffeehäusern Landtmann,
Demel und Drechsler zur Verfügung gestellten Originalspeisekarten.
Anschließend bekomme ich auch Einblicke in den islamischen Religionsunterricht. 18
SchülerInnen, die Mädchen mit, aber auch ohne Kopftuch, folgen aufmerksam und
ruhig dem Lehrer. Das soll nicht immer so gewesen sein. Mitunter kam es schon
zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den unterschiedlichen islamischen
Richtungen.
Darauf folgt Geographie in einer 9.Schulstufe. Thema ist der
glaziale Formenschatz, welcher ausführlichst und anschaulich behandelt wird,
nicht zuletzt deswegen, weil Gletscher gerade hier die Landschaftsformen
maßgeblich mitgestaltet haben.
Technikeinsatz
Das Sieb des Erathostenes ist Thema in der anschließenden
Mathematikstunde. Es ist nur die leistungsstärkere Hälfte einer 7.Schulstufe
anwesend. Der Lehrer scheint sehr locker zu sein und erstmals entdecke ich in
einem Klassenraum beschmierte Tische. Der Unterricht erfolgt mit Einsatz
neuester Technik. Auf einer Art Touchpad, dem Interwritemob, kann an jeder beliebigen Stelle im
Raum ohne Verkabelung auf das Smartbaord geschrieben werden. Der große Vorteil
dieses Gerätes liegt darin, dass der Lehrer mobil ist und sich frei zwischen
seinen SchülerInnen bewegen kann. Ob der Einsatz im Unterricht diesen
auch verbessert, bleibt dahingestellt. Die meisten Räume der Schule sind technisch sehr
gut ausgestattet. Die Handhabung der Technik ist aber von LehrerIn zu LehrerIn
unterschiedlich. Ausschließlich kommt sie fast nirgends zum Einsatz. Neben dem
Smartboard wird fast immer auch noch etwas an die Tafel geschrieben. Auch wenn
Smartboardaufzeichnungen den SchülerInnen zur Verfügung gestellt werden können,
so verlangen die LehrerInnen immer noch eine händische Mitschrift. Das genialste Gerät
ist der Digitalpresenter, welcher Buchseiten, Bilder oder auch händische
Aufzeichnungen an einen Beamer übertragen kann. Er ersetzt einen
Overhaedprojektor und geht in seinem Einsatzbereich weit darüber hinaus.
Interwritermob - es erfordert viel Geschick damit zu schreiben
Technisches Standardequipment in fast allen Klassenzimmern
Mathematikheft einer Schülerin
Kaum zu glauben
Die nächste Unterrichtseinheit ist eine Mathematikstunde zum
Thema Bruchrechnen in einer 5.Schulstufe. Diese ist die letzte Stufe, welche
von einem eigenen Klassenlehrer unterrichtet wird. Ich staune nicht schlecht,
als mir nach der Begrüßung alle ihre Muttersprache nennen. Arabisch, Russisch,
Albanisch, Persisch, Vietnamesisch, Chinesisch und zwei weitere. Ich komme gar
nicht nach sie alle zu notieren. Nur fünf von 19 SchülerInnen haben Finnisch
als Muttersprache. Die Kollegin berichtet über eklatante Leistungsschwächen in
dieser Klasse. Sie meint, es sei auch nicht immer einfach alle gemeinsam zu
unterreichten. Ich beobachte, wie eine Stunde später in einer anderen Klasse eine
Schülerin einem entsprechenden Bild das deutsche Wort Bahnhof zuordnen kann. Es
jedoch ins Finnische zu übersetzen daran scheitert sie. Derartige Probleme soll
es öfter geben. In Finnland gibt es übrigens eine Notenskala von 4 bis 10. Mit
einer 4 hat man nicht bestanden. Schwache SchülerInnen bekommen Stützunterricht
von eigens dazu bereitgestellten LehrerInnen oder aber auch Einzelstunden von
den eigenen LehrerInnen. Schaffen sie es dennoch nicht positiv zu werden, so
müssen sie das Jahr wiederholen. Die LehrerInnen sind aber meist so wohlwollend
wie nur möglich, damit das nicht passiert.
Sightseeing
Nach der Schule erhalte ich noch eine kleine Stadtrundfahrt
mit dem Auto. Auch die Schwedische Schule wird mir gezeigt. In Finnland gibt es
eine schwedische Minderheit von etwa 5%. Dann geht es hinauf zum Aussichtsturm
auf dem Pyynikkihügel. Dieser entstand auf einer Moräne, welche von zwei Gletschern
beidseitig empor gedrückt wurde. Zu beiden Seiten des Hügels erstreckt sich ein
See. Im Turmcafe schnappe ich hinter ein paar deutsche Worte auf. Ich drehe mich um und frage drei junge Damen, ob sie aus Bayern kämen. Sie blicken mich finster an und meinen, es sei Tirolerisch. Volltreffer ins
Fettnäpfchen. Vielleicht hätte ich mir vor meinem Urteil doch einen ganzen Satz anhören sollen. Als
sie meine Sprache dann Salzburg zuordnen, ist das eine gewisse Genugtuung für
mich.
Blick vom Pyynikkihügel Richtung Süden
Aussichtsturm auf dem Pyynikkihügel